Doch alle Probleme werden auch mit der Einbeziehung in die Sozialversicherungen nicht gelöst. Die Leistungen der Sozialversicherungen hängen von der Lohnhöhe ab so Gabi Gassner, Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft im Kreisverband Spandau. Bei einem Niedriglohnsektor, der mittlerweile rund neun Millionen Beschäftigte umfasst, ist das ein Problem.

Als im Lockdown viele Einzelhändler schließen mussten, wurden tausende Verkäuferinnen, Putzmänner und Frisöre in Kurzarbeit geschickt. Das Kurzarbeitergeld, das 60 Prozent vom ausgefallenen Nettolohn beträgt, reicht jedoch bei kleinen Löhnen bei weitem nicht aus, um den Lebensunterhalt zu decken. Den Menschen blieb nichts anderes übrig, als ihre hart ersparten Rücklagen aufzubrauchen oder ergänzendes Arbeitslosengeld II zu beantragen.
Politische Fehlentscheidungen und eine rückläufige Tarifbindung haben den Niedriglohnsektor in Deutschland groß werden lassen und etabliert. In der Krise waren dann plötzlich genau die Berufsgruppen gefragt, die sich insgesamt durch ein geringes Lohnniveau auszeichnen:

Putzkräfte in den Krankenhäusern oder Kassiererinnen. Ihre Branchen zeigen exemplarisch, woran es mangelt: An echter Sozialpartnerschaft. Nach dem IAB-Betriebspanel 2018 werden nur noch 22 Prozent der Betriebe im Einzelhandel durch einen Branchen- oder Haustarifvertrag erfasst. In Westdeutschland sind es 24 Prozent und in Ostdeutschland sogar nur 14 Prozent. Bereits zur Jahrtausendwende hatten sich die Handelsarbeitgeber von der Allgemeinverbindlichkeit der Tarifverträge verabschiedet und damit eine Tarifflucht großen Stils ausgelöst. In der Pflege und vielen anderen Dienstleistungsberufen sieht es nicht viel besser aus.

Die Folge: Der Preiskampf wird in diesen Branchen auf dem Rücken der Beschäftigten ausgefochten. Dagmar König fordert daher ein Zeichen der Politik: „Wir brauchen dringend allgemeinverbindliche Tarifverträge. Dazu muss die Blockademöglichkeit der Arbeitgeber in den paritätisch besetzten Tarifausschüssen beendet werden. Als CDA setzen wir uns dafür seit Jahren ein. Corona zeigt uns, dass es allerhöchste Zeit für ein Umdenken ist.“ Andernfalls so König, würde eine zentrale Grundlage der Sozialen Marktwirtschaft wegbrechen, so Gabi Gassner abschließend.

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