Viele Beschäftigte machen Überstunden oder können Ruhezeiten nicht einhalten. Die neue Koalition möchte dennoch das Arbeitszeitgesetz flexibilisieren. Völlig unnötig und eine Gefährdung der Gesundheit der Beschäftigten. Statt ausgeweiteter Arbeitszeiten fordert die christlich demokratische Arbeitnehmerschaft (CDA) im Kreisverband Spandau eine Arbeitszeiterfassung.

Corona hat das Wirtschaftsleben hart getroffen. Bundesweit mussten Millionen von sozialversicherungspflichtig Beschäftigten den Gang in die Kurzarbeit antreten, während es bei den Minijobs zu einem Kahlschlag kam.

Gabi Gassner, Vorsitzende der CDA Spandau: „Bei der Mehrarbeit hat sich allerdings kaum etwas getan: Für viele Beschäftigte war nach dem offiziellen Feierabend noch lange nicht Schluss. Im Pandemie-Jahr 2020 wurden rund 1,67 Milliarden Überstunden angehäuft – über die Hälfte blieb ohne Bezahlung! Beides ist ein Alarmsignal.“

Trotzdem haben die Ampel-Parteien, die die künftige Bundesregierung stellen wollen, vor, die Arbeitszeit weiter zu flexibilisieren. In ihrem gemeinsamen Sondierungspapier ist von Experimentierräumen die Rede. Darin soll über Betriebsvereinbarungen eine Abweichung von den derzeit bestehenden Regelungen des Arbeitszeitgesetzes möglich sein. Konkret wird eine Erhöhung der zulässigen Tageshöchstarbeitszeit angepeilt. Diese liegt im Moment bei acht Stunden pro Tag, kann aber auf bis zu zehn Stunden verlängert werden. Damit verliert die SPD den Anspruch eine arbeitnehmerfreundliche und soziale Partei zu sein.

Aber Fakt ist: Die Beschäftigten brauchen nichts weniger als noch längere Arbeitszeiten. Schon jetzt kommt es in vielen Berufsfeldern öfters vor, dass die gesetzlichen Ruhezeiten – elf Stunden zwischen zwei Arbeitseinsätzen – zu kurz ausfallen. Für insgesamt 18 Prozent aller Beschäftigten ist das mindestens einmal im Monat der Fall. In Gesundheits- und Sicherheitsberufen trifft es sogar ein Drittel. Es ist also nicht nur mehr als genug Flexibilität vorhanden. In Anbetracht der vielen Überstunden wird das Arbeitszeitgesetz als unterste Leitplanke dringend benötigt, so Gabi Gassner abschließend.

Die Folgen langer Arbeitszeiten und kurzer Erholungsphasen, so Gabi Gassner, spüren die Beschäftigten immer wieder am eigenen Leib. Vielen misslingt eine Grenzziehung zwischen Job und Privatleben, weil sie nach Feierabend nur noch schwer abschalten können. Nicht selten entwickeln sich Schlafstörungen, Depressionen sowie andere psychische oder auch physische Erkrankungen. Arbeit ohne ausreichende Pausen ist und bleibt ein hohes Gesundheitsrisiko“.

Eine Schleifung des Arbeitszeitgesetzes würde daher die Überlastung der Menschen billigend in Kauf nehmen. Das ist inakzeptabel. In der bestehenden Form bietet das Gesetz den Tarifpartnern ausreichend Gestaltungsspielräume. Stattdessen sollten die angehenden Koalitionäre besser mehr für den Schutz der Beschäftigten tun. Bereits 2019 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass Arbeitgeber die Arbeitszeiten ihrer Belegschaften erfassen müssen. Die letzte Bundesregierung blieb aber untätig. Nun wäre der richtige Zeitpunkt, die Arbeitszeiterfassung in nationales Recht umzusetzen. Wie eine aktuelle Studie der Hans-Böckler-Stiftung zeigt, leiden Beschäftigte besonders unter Überstunden und Stress, wenn die Arbeitszeit nicht dokumentiert wird.

Um darüber hinaus mehr Arbeitszeitsouveränität zu ermöglichen, bedarf es zudem eines echten Aufstockungsrechtes für Teilzeitbeschäftigte, Brückenteilzeit ohne Einschränkungen und ein Recht auf Verteilung der Arbeitszeit im Betrieb. An Open-End-Arbeit besteht dagegen kein Bedarf, so Gabi Gassner abschließend.

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